Sartjie Baartman, Sarah Bartman, Hottentot Venus, schon ihre Namen geben
unterschiedliche Facetten ihres Lebens und der Legende, die sich darum spann, wieder.
1809 reiste das frühere Dienstmädchen Sartjie, eine Khoikhoi oder Hottentottin,
wie es damals hieß, mit einem Arzt und
ihrem früheren Arbeitgeber, dem freigelassenen Sklaven Cesar, nach London – ob freiwillig ist umstritten – und trat dort in einer erotischen Show
auf. Alle drei verdienten wohl gut, und Sartjie
lehnte das Angebot
einer Hilfsorganisation, sie als Sarah Bartman zu rehabilitieren und sie nach
Südafrika zurückzubringen, ab. Ihr Niedergang begann, als sie nach dem Tod des Arztes
mit Cesar, dem anderen Mann, nach Paris ging. Während Cesar, durch die Shows
wohlhabend geworden, ans Kap zurückging, verarmte Sartjie und wurde zur
Alkoholikerin. Nach ihrem Tod wurde von ihrem Körper ein Gipsabdruck für das
Museé de l‘Homme gemacht, und Teile ihres Körpers wurden dort konserviert und aufbewahrt.
2002 hat Südafrika ihren Körper zurückgeholt und sie mit einem
Staatsbegräbnis geehrt. Sartjie Baartman wurde zum Symbol der in Europa
erniedrigten und ausgebeuteten farbigen Frau.
Dieser legendären Figur bedient sich nun eine junge Künstlerin in Kapstadt für
ihre feministische Aussage. Mit der Figur Lady
Skollie – abgeleitet von Hottentot Skollie, was soviel wie Hottentot
Bösewicht bedeutet – hat sich Laura Windvogel eine künstlerische Persona
geschaffen, die auf der Cape Town Art Fair im Februar große Aufmerksamkeit
erregte.
Die Künstlerin spielt mit dem erotisch aufgeladenen Klischee vom ausladenden
afrikanischen Hinterteil, das zum Zentrum ihrer Lady Skollie-Bilder wird. Ein Mobiltelefon ist immer dabei: Selfie
mit Sartjie. Der spielerische Umgang mit dem Bild der Hottentot Venus ist Lauras Markenzeichen: verspielte
Selbstdarstellung, Rollenwechsel und die schiere Lust am Verkleiden. Mir macht es einfach Spaß, ein Alias zu
haben, sagte sie in einem Interview. Alle Fotos von ihr selbst sind
sorgfältig arrangiert. Denunziert sie den Umgang mit der Hottentot Venus oder
spielt sie mit dem Mythos? Das zu entscheiden, bleibt dem Betrachter
überlassen.
Weniger gut kommt es am Kap an, wenn sich eine Ausländerin der Symbolfigur
bemächtigt und den Mythos wieder einmal zu Geld machen will. Das Gerücht,
Beyoncé wolle einen Hollywoodfilm über Sarah Bartman machen, stieß in Südafrika
auf heftige Kritik. Unsere Sartjie wollen wir, bitteschön, für uns haben.
Sartjie in London und ihre Reinkarnation auf der Cape Town Art Fair als Lady Skollie:
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