29. Januar 2017

Neue Helden in der Festung

2016 wurde die Kapstädter Festung, das Castle, 350 Jahre alt. Jan van Riebeeck, der Gründer Kapstadts und spätere Gouverneur de Kapsiedlung im Auftrag der hölländischen Ostindien-Handelsgesellschaft landete 1652 am Kap der Guten Hoffnung und begann bald danach, eine Festung zu bauen. So datiert sich die Geschichte des Castle auf 1666 und wurde 2016 ausführlich gefeiert.  

350 Jahre später und gut 20 Jahre nach dem Ende de Apartheid geht es nicht mehr darum, der Festungs- Baukunst und der Siedlungsgeschichte zu gedenken. Jan van Riebeeck ist abgemeldet. Der Befreiungskampf am Kap und im übrigen Südafrika steht im Vordergrund. In diesem Geist hat das Verteidigungsminsterium vier neue Standbilder in Auftrag gegeben. 

Prentresultaat vir khoikhoi chief doman  Khoikhoi Chief Doman führte den ersten Aufstand gegen die Holländer und ihre Festung rnoch zu Zeiten Jan van Riebeecks. Er endete in einem Waffenstillstand. 

Prentresultaat vir cetswayo  Wir springen nun mehr als 230 Jahre weiter und sehen Zulu-König Cetshwayo in der Festung, wohin er nach dem Ende des Anglo-Zulu-Kriegs von den Engländern vorübergehend verbannt worden war. 

Prentresultaat vir chief Sekhukune  Etwa gleichzeitig war der Pedi-König Sekhukune nach einem Aufstand seines Stamms im hohen Norden Südafrikas in der heutigen Provinz Limpopo „Gast“ des Castle



Prentresultaat vir chief langalibalele  Hlubi-Chief Langalibalele ist der letzte der glorreichen Vier. Er hatte nach einem Konflikt mit den Zulus seine Heimatprovinz Natal verlassen und siedelte im Gebiet von Kimberley im Transvaal, wo gerade  der Diamanten-Rausch begonnen hatte. Nach einem Aufstand wurde er vorübergehend auf die Gefängnisinsel Robben Island vor Kapstadt verbracht.

Prentresultaat vir cadtle of good hope sculptures  Die neuen Helden des Castle wurden im Dezember 2016 im Hof der Festung aufgestellt und von der Verteidigungsministerin – eine Frau wie in Deutschland – enthüllt. Noch stehen Jan van Riebeeck und seine Frau Maria an einer der Alleen von Downtown Kapstadt. Mandela hatte im Geiste der Regenbogennation seine Landsleute gemahnt, die ganze Geschichte Südafrikas anzunehmen. Wie lange das Nebeneinander im Zeichen neuer Unverträglichkeit noch möglich sein wird, erscheint ungewiss.    

Bildnachweise:Castle of Good Hope


24. Januar 2017

Kochen nach Art des Kaps 2

Im Blogeintrag vom 4.4.16 war von einem ungewöhnlichen Kochbuch mit Kapstädter Traditionsrezepten zu lesen. Es war in den beiden Küchen von Tannie (Tantchen) Koelsom Kamalie und Flori Schrikker im Cape Flats Viertel Bonteheuwel entstanden und feierte die satt machende und gesellige Familienküche.



Wer Gelegenheit hat, in Südafrika in einen Buchladen zu kommen, sollte sich Koek samKaaps nicht entgehen lassen. Selbst wer Afrikaans nicht beherrscht wird seine Freude daran haben, wie diese beiden Frauen, denen im Leben nichts geschenkt wurde, das gute Essen und ihre Gemeinschaft feiern.







In Floris Küche, Die Burger, 13.1.17


Der Erfolg gibt ihnen recht. Gerade ist ihr Buch vom Gremium der Gourmands, die jährlich ein Kochbuch auszeichnen zum besten Kochbuch Südafrikas gekürt worden. Dabei geht es in Koelsoems und Floris Küchen alles andere als schicki-micki zu. Da ist alles einfach, vielfach gebraucht und zweckmäßig. Im Mai wird ihr Buch in China um den Weltkochbuchpreis kämpfen.  Veel geluck / Viel Glück, liewe Koelsoem und Flori!










Flori und Koelsoem im Sonntagstaat - Die Son, 18.9.2016


15. Januar 2017

Kinderträume

Die Abiturienten haben es nun hinter sich, und konnten in Ferien, Studium oder Job starten. Die Erstklässler, die vorgestern anfingen, haben alles noch vor sich. Am ersten Schultag gab es Tränen, ab auch frohe Gesichter. Die Träume südafrikanischer I-Dötse sind nicht so weit von denen deutscher Kinder entfernt.


Raes Mentor hat keine Angst vor dem Neuen. Er schwimmt schon recht sicher durch den Schulalltag, und das ist auch sein Berufswunsch. Ich will Schwimmer werden, wenn ich groß bin, ist er sich sicher. 











Im sportversessenen Südafrika, wo Rugby, Kricket und Fußball es regelmäßig auf die ersten Seiten der Zeitungen bringen, sind sportliche Berufsträume an der Tagesordnung. Gabriella Barreiro sieht sich schon als Reiterin. 











Sisonke Mavawe ist Realist. Verkehrspolizist ist sein Fernziel. 













Unako Mlana dagegen hegt einen Berufswunsch, der in Deutschland selten sein dürfte. Er will Soldat werden. 












Tamashley Kabatshana liebt die schönen Bilder in ihrem neuen Klassenzimmer. Für ihren Beruf hat sie aber anderes im Sinn. Sie will Ärztin werden.












Shazad Sylvestor strebt in die Lüfte. Pilot will er werden, und später nach Johanesburg und China fliegen. 












Fliegen will auch Kerala Allewell, aber in einen magischen Himmel. Sie träumt davon, eine Fee zu werden, und die Menschen zu verzaubern. 












Bilder: Jelly Bean, Kinderbeilage, Die Burger, 14.1.2017 

7. Januar 2017

'Ich schaffe das'

Nachdem meine Visumsaga im Mai 2016 schließlich zu einem guten Ende kam, melde ich mich nun zurück aus Südafrika. Es ist die Zeit der großen Ferien, die hier in unseren Winter fallen und der Schulabschlüsse. Südafrikanische Abiturienten haben oft andere Sorgen als deutsche. Viele müssen kämpfen, bis sie die Matrik, das hiesige Abitur, und damit die Studienberechtigung, geschafft haben.

Mit 13 wurde Adelaide Willemse ‚Mutter‘ für ihre beiden jüngeren Brüder. Ihre Mutter hatte die Familie verlassen, und ihr Fernfahrer-Vater war berufsbedingt selten zuhause. „Ich musste die Wäsche waschen“, sagt sie. „Könnt ihr euch vorstellen, wie viel Wäsche zwei kleine Jungen an einem Tag produzieren?“ Sie musste dafür sorgen, dass alle morgens pünktlich in die Schule kamen. ‚Manchmal habe ich mich in den Schlaf geweint.‘ Mit der zweiten  Frau ihres Vaters wurde es zuhause nicht besser. Im Abiturjahr wurde Adelaide deshalb in das Internat der Schule aufgenommen. Am Wochenende packt sie auf einer Farm Aprikosen, um Geld für ihr erstes Jahr nach der Schule zu verdienen, und später einmal ihre Brüder zu sich nehmen zu können. Mit der Matrik in der Tasche will sie nun an einer Fachhochschule Sozialarbeit studieren. 

Adelaide Willemse (18) im Schuleingang: Die Burger, 6.1.2017

Ruans Eltern sind Farmer. Sie mussten nach einem Brand, wie er im sommertrockenen Kapland so häufig ist, ihr ganzes Vieh verkaufen, und so konnte er keine Unterstützung von zuhause erwarten. Das hieß neben der Schule jobben, um einen Computer kaufen zu können, den er aber nur bei Freunden benutzen kann, weil es zuhause nicht immer Strom gibt. Das Studienangebot für Ingenieurwesen an der  Universität Stellenbosch kann er mangels Stipendium nicht annehmen. So macht er nun erst eine Lehre und hofft, daran ein Fernstudium anschließen zu können.

Ruan Brand (18)im Schulgarten: Die Burger, 6.1.2017






Malcolm Kasper zeichnet sich seine virtuellen Sportschuhe, denn richtige sind undenkbar. Seine Mutter arbeitet hart, aber da sind noch Geschwister, und das Geld reicht nicht hin und nicht her. Seinen Vater kennt er nicht. Malcolm ist bei seiner Großmutter im ländlichen, wüstenhaften Nordkap aufgewachsen und nach deren Tod bei einer Tante. Die Tante wohnt im Weinland. So musste er die Schule wechseln und wurde zuerst als Landpomeranze verlacht, aber er hat sich durchgebissen. Nachdem er für sein Examen einen Flurplan der Schule zeichnen musste, ist er sich sicher: „ Ich will Architekt werden. Das ist mein Traum“.

Malcolm Kasper (17) mit einem Kricketschläger für seinen Lieblingssport: Die Burger, 6.1.2017



Mit fünf Jahren ist Simone Jafta ins Kinderheim gekommen. Ihre Alkoholiker-Eltern konnten sie nicht versorgen. In der Schule haben die meisten Kinder nicht gewusst, dass sie aus dem Heim kommt. Selbst ihrer besten Freundin hat sie es erst nach Jahren erzählt. In den Schulferien, die sie bei ihrem Großonkel verbringt, macht sie gerade mit den 300 Rand, die sie bei einem Schulwettbewerb gewonnen hat, ihren Führerschein. Nach den Ferien wartet die Fachhochschule und ein Lehrerstudium auf sie. 

Simone Jafta (19) im Garten des Kinderheims: Die Burger, 6.1.2017