In einem Offenen Brief haben sich heute die beiden Adoptivkinder der Herausgeberin von Clarín, der größten Tagsezeitung des Landes, an die argentinische Öffentlichkeit gewendet. Seit Jahren sehen sich Felipe und Marcela Noble Herrera in einen Prozess verwickelt, der darauf abzielt, nachweisen zu können, sie seien Kinder von desaparecidos, von in der Militärdiktatur Verschwundenen. Obwohl die beiden inzwischen über Dreißigjährigen sich schon vor sieben Jahren freiwillig einem Gentest unterzogen haben, werden neue genetische Proben verlangt, denen sich die klagende Partei, die vermeintlichen Verwandten selbst, nie unterziehen wollte. In dem Brief äußern Felipe und Marcela ihre Furcht vor Manipulierung genetischer Daten durch die Untersuchenden.
Sie sehen in dem Verfahren eine politische Instrumentaliserung des Problems der desparecidos als ein weiteres Mittel im Kampf der Kirchner-Regierung gegen die ihnen nicht genehme Mediengruppe. Und nicht nur sie sehen das so. Als Ende letzten Jahres der Kongress mit den Stimmen der Regierungsfraktion, kurz bevor diese die Mehrheit verlor, ein Gesetz verabschiedete, dass auch solche Adoptivkinder sich einem Gentest unterziehen müssen, die das nicht wollen, sprach die Öffentlichkeit unverhohlen von einem Lex Clarín. Das Selbstbestimmungsrecht des Kindes wird politischem Kalkül geopfert. Wenig von diesem bedenklichen Aspekt der an sich notwendigen Aufarbeitung der Geschichte verschwundener Eltern und adoptierter Kinder gelangt an die internationale Öffentlichkeit. In den Erinnerungsbüchern auch denen, die in diesem Argentinienjahr der Frankfurter Buchmesse auf Deutsch erscheinen, ist von den traurigen Fällen wirklich untergeschobener Kinder die Rede.
Das politische Minenfeld, das die Aufklärung dieses Themas erschwert, bleibt außen vor.
23. April 2010
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