4. April 2010

Im Modus irrealis II

Marcos Aguinis, Intellektueller und Publizist, dessen Werke Bestsellerauflagen erreichen, ist überzeugt, Argentinien sei das Land mit dem größten Potential innerhalb Lateinamerikas. Der Autor des Buches Vom seltsamen Vergnügen, Argentinier zu sein sieht sein Land ganz vorne in puncto natürliche und menschliche Resourcen, wie er der Zeitung La Nación, Sonntagsbeilage LNR, in einem Interview vom 28.3.2010 anvertraute. Damit steht er nicht allein. Wo immer man von Argentiniern Klagen hört, wie sehr alles im Argen liege, wie wenig das Land vorankomme, folgt die fast trotzig vorgebrachte Versicherung aber Argentinien ist ein Land mit großem Potential.

Der unbefangene Betrachter fragt sich, worin es denn bestehe und warum sich in den letzten 80 Jahren so wenig davon materialisiert habe. Sollte es daran liegen, dass Buenos Aires - und in der Hauptstadt spielt sich alles Wichtige ab - auch gerne la capital de los projectos incomplidos, die Kapitale der unvollendeten Projekte genannt wird?

Dann wäre zu befürchten, dass Potential hier weniger im Sinne der so karriereträchtigen High Potentials zu verstehen sei, als im Verständnis des Maklerspruchs, nachdem ein Haus, das eigentlich von Grund auf renoviert gehört, eine Immobilie mit großem Potential sei. Und so hätten wir es einmal mehr mit dem umfassenden Möglichkeitssinn der Argentinier zu tun, der selbst die Wirklichkeit vereinnahmt.

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