26. März 2016

Rasse, Sprache, Lernen




Südafrika wird von einer Welle von Rassenhass geschüttelt, wie es sie seit dem Ende der Apartheid nicht gegeben hat. Vergessen scheint Mandelas und de Klerks Versöhnungsbemühen. Da werden Schwarze am Strand von Durban von ihrer weißen Mitbürgerin zu Affen erklärt, da tragen schwarze Studenten in verschiedenen Universitäten T-Shirts mit den Aufdrucken  Fuck White People und Kill all Whites. Die elektronischen Stammtische Facebook und Twitter laufen heiß mit Hasstiraden von allen Seiten. Für ihre Wortführer ist Mandelas und Tutus Rgenbogennation romantisches Gedusel. Am wenigsten hört man von den Gemischtrassigen, den Braunen. Sie fühlen sich seit langem wie im Sandwich, eingeklemmt zwischen Schwarz und Weiß. Gemeinsam hat die Mandela Stiftung mit anderen NGOs und der führenden afrikaansen Mediengruppe Media 24 ein Netzwerk gegen Rassismus gegründet und mit Plakaten zum Widerstand aufgerufen. 

Ein Nebenschauplatz ist der Kampf vor allem schwarzer Studentenaktivisten gegen Afrikaans als Unterrichtssprache an Universitäten. Die Universitäten geben nach, obwohl gerade in der Kapprovinz 50% der Bewohner Afrikaans als Muttersprache haben, und Englisch auch für die meisten schwarzen Studenten eine nur unzureichend beherrschte Zweitsprache ist. Unterricht in den anderen von der Verfassung anerkannten Sprachen wie Xhosa, Zulu und Sotho findet praktisch nicht statt.
 
 Begonnen haben die Studentenunruhen, die an vielen Universitäten zu Gewaltakten mit Zerstörung von Unterrichtsgebäuden, Bibliotheken, Mobiliar und Kunstwerken mit Schäden in Millionenhöhe geführt haben, mit der Bewegung #Rhodesmustfall an der Universität Kapstadt im Frühjahr 2015. Der steinerne Cecil Rhodes wurde als schlimmer Kolonialist, der er zweifellos war, mit Kot beworfen und schließlich abgeräumt, wobei man vergisst, dass seine Stiftung des Geländes das Entstehen der Universität erst möglich gemacht hat. Ihm folgten weitere Standbilder aller möglicher Vorapartheid-Leuchten des politischen und kulturellen Lebens an anderen Universitäten, die nun entweder zerbrochen sind, in Teichen schwimmen oder in Magazinen versteckt werden. Jetzt beginnt dazu die universitäre Umbenennungswelle, vor der auch der frühere Präsident Jan Smuts, ein Mitgründer des Völkerbunds, und die deutschstämmigen Stifter Otto und Werner Beit, nicht sicher sind. Was Südafrika bei seinem friedlichen Übergang vom Apartheidregime zur schwarzen Mehrheitsregierung vermieden hat, die Geschichte, wo sie nicht gefällt, durch solche Aktionen rückwirkend umzuschreiben, jetzt  wird es nachgeholt. Die radikalsten Studenten wollen auch Curriculum und Lehrkörper der Universitäten „entkolonialisieren“, was immer das heißen mag. So rechtfertigt sich die Zerstörungswut.

Die größte Studentenbewegung des vorigen und dieses Jahres ist aber #feesmustfall. Auch die tertiäre Ausbildung soll kostenlos sein, weil viel schwarze Studenten aus armen Verhältnissen Schwierigkeiten haben, die – mäßigen – Studiengebühren aufzubringen. Die bisher schon großzügige Stipendienregelung reicht nun nicht mehr. Alles soll kostenlos sein. Die Regierung hat nachgegeben, wobei noch unklar ist, wie das finanziert werden soll. Von Anstrengungen, mehr Mittel in die desolate Schulausbildung zu stecken, die dazu führt, dass ein großer Teil auch der aufgenommenen Studenten weit davon entfernt ist, hochschulreif zu sein, ist nicht die Rede. 

Eine Grundwelle von Unzufriedenheit der born free-Generation, die Apartheid und Kampf dagegen nicht mehr erlebt hat, sich aber weiterhin benachteiligt fühlt, schwappt übe das Land. Der regierende ANC ist derweil in Parteizwist und ausufernde Korruption verstrickt. In der Politik oder den per BEE (Black Economic Empowerment) umverteilten Großunternehmen wird ein kleiner Teil der schwarzen Bevölkerung reich, der Rest bleibt arm und häufig arbeitslos. Dennoch wurde der letze Slogan, der die Unzufriedenheit mit der Regierung und vor allem ihrem korrupten Präsidenten Jacob Zuma ausdrückt, im Wesentlichen von weißen Südafrikanern unterstützt: #Zumamustfall. An allem ist Jan van Riebbeck schuld, der erste Holländer, der 1652 südafrikanischen Boden betrat, sagt Jacob Zuma. Er selbst wurde darob in einer satirischen Fotomontage als Spätnachfolger Jan van Nkandla porträtiert. Nkandla ist der weitgehend mit Steuergeldern finanzierte opulente Privatwohnsitz des Präsidenten und seiner ausgedehnten Familie von vierEhefrauen und einer Unzahl von Kindern.  


 Bildnachweise: 

Kill White People –Mensa der Universität Kapstadt: Die Burger 16.1.16 
 Fuck all Whites – Wits Universität Johannesburg: The Times, 21.2.16                                                                                            
Antirassismus-Plakat: Farbe darf uns nicht teilen: Die Burger 12.3.2016    
Kampf den Wissenschaften – das zerstörte Gebäude de Naturwissenschaftlichen Fakultät an der Nord-West-Universität: Die Burger 26.2.16 
Präsident CR Swart im Teich der Universität des Freistaats: Die Burger 5.3.16.   
Abtransport des Rhodes-Standbilds im April 2015: Sunday Times 20.3.16 
#Zumamustfall-Transparent an einem Wohnhaus in Kapstadt: Die Burger 12.2.16      
Jan van Riebeeck und Jan van Nkandla: Die Burger, 27.1.15                                                                                                      
         

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen