Muslime
leben in Kapstadt seit vielen Jahrhunderten.
Ihre Vorfahren sind Malaien aus der damals holländischen Kolonie Batavia,
heute Indonesien. Die Holländisch-Ostindische Compagnie, die das Kap von 1652
bis um 1800 regierte, holte sie als Arbeiter und Handwerker nach
Südafrika. Ihr traditionelles
Wohnviertel, das Bo-Kaap oder Oberkap voller niedriger bonbonfarbener Häuser
mit verschwiegenen Innenhöfen liegt am Abhang des Signal Hill mitten in der
Stadt und bietet von seinen Kopfstein gepflasterten Gassen aus einen herrlichem
Rundblick über Stadt, Tafelberg und Bucht.
Hier
werden die alten Traditionen des muslimischen Festkalenders hochgehalten. An
Maludi, Mohameds Geburtstag, kommen die Frauen zusammen, schneiden rampies, und rezitieren dabie riwaayat, Gedichte zum Lob des
Propheten. Tage vorher schmücken die
Frauen ihre Versammlungshalle in der Moschee und backen Kuchen. Das rampie sny ist eine gesellige
Angelegenheit. Es bringt uns zusammen, sagt
Ramona Latief, die Witwe eines Imams. Das Wort rampie kommt aus dem
Malaiischen, sny ist Afrikaans für
Schneiden. So mischen sich asiatiche und holländische Einflüsse noch heute in der
Sprache der Muslime des Kaplandes. Die Frauen kleiden sich in ihre traditionellen
Trachten, oft extra für diesen Tag geschneidert, sitzen beieinander,
schneiden die Blätter des Zitronenbaums in feine Streifen, parfümieren sie und
machen daraus kleine Päckchen, die sie den Männern der Gemeinde überreichen,
wie ein
Geburtstagsgeschenk für Mohammed.
Das
Bo-Kaap in seiner Toplage wird immer mehr von Immobilienentwicklern bedrängt.
Die Bewohner kämpfen darum, ihre Häuschen und ihren Lebensstil zu behalten. Im
Januar 2016 hat die Stadtverwaltung beschlossen, das Bo-Kaap zum
denkmalgeschützten Gebiet zu erklären. Hoffentlich hilft es den Nachkommen der
Kapmalaien, ihr ältestes Siedlungsgebiet zu erhalten. Hier ist auch das Grab von
Tuan Guru, der im 18. Jahrhundert als erster den Koran aus dem Arabischen. ins Afrikaans übersetzt
hat.
Dem
anderen historische Wohngebiet freigelassener Sklaven, darunter viele malaiischstämmige
Muslime, war eine weniger glückliche Geschichte beschieden. District Six am Südostrand
der Innenstadt wurde während der Apartheid geräumt und zum weißen Viertel
erklärt. Der Neuaufbau fand nie statt, und auch heute, 50 Jahre danach, ist District
Six noch eine Stadtbrache, an deren bunt gemischte Vergangenheit inzwischen ein
Museum erinnert. Altbewohner Shakier Gafieldien, inzwischen 86, erzählt dort
vom Leben im alten District Six. Trevor
Manuel, ehemaliger Finanzminister Südafrikas, erinnert sich an festliche Familientreffen
bei seiner Großmutter in der Gasse De Kat / Die Katze, bevor die Oma 1967 in ein
anderes Stadtviertel umgesiedelt wurde.
Viele
der Stadtgebiete, die sogenannten Cape
Flats, in denen alte und neue
muslimische Bürger leben, werden von Bandengewalt geschüttelt. Armut, Arbeitslosigkeit,
schlechte Schulausbildung sind die Ursachen und Alkohol- und Drogenmissbrauch
die Auswirkungen. So ist es nicht verwunderlich, dass einer der vielen
Bürgerproteste, die Südafrika derzeit erlebt, sich gegen Gewalt und Verbrechen
wendet: #Gangsterismmustfall. Unter dem Motto Die Banden müssen weg zogen vor allem muslimische Bewohner des
Viertels Manenberg im Februar zum Bürgerzentrum ihres Gebiets und gaben ein
Memorandum ab, in dem sie mehr Polizeieinsatz, aber auch für mehr Initiativen für
die Jugendentwicklung fordern. Kein Wochenende vergeht ohne Morde, oft geraten
selbst Kinder in die Schusslinie rivalisierender Banden.
Bildnachweise:
Gemeinsam Rampies schneiden, in der Palm Tree Moschee, Long Street: Cape Argus, 10.1.2015
Der Duft der Geschichte: rampies werden geschnitten und parfümiert: The Argus, 10.1.2015
Shakier Gafieldien beobachtet einen Gedenkumzug in District Six,
Keizergracht: Sunday Times 14.2.2016
Weg mit den Banden - Protestumzug in Manenberg: Die Burger, 5.2.2016
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