Weit weniger gedankenschwer als bei der Bicentenario-Ausstellung im Palais de Glace, vielmehr mit smarter Unverbindlichkeit ging es vor einigen Tagen bei der Eröffnung einer neuen Kunstgalerie zu, für die ich nur ein paar Stufen zu gehen hatte. In meinem Haus, dem Belle Epoque-Gebäude La Inmobilaria an der Avenida de Mayo, bat Ignacio Liprandi zur Vernissage. Der zum Kunstsammler und -händler mutierte Finanzmensch hatte uns ein Jahr lang mit dem geräuschvollen Umbau seiner neuen Räume "erfreut". Nun war das Ergebnis zu besichtigen.
In der Flucht von blendend weißen, lichtdurchfluteten Räumen an der Plaza del Congreso traf sich tout Buenos Aires, besonders das junge hübsche. Für all die ranken Mädchen in ihren modegerechten Kinderkleidchen, die edlen jungen Wilden und die vornehm angegrauten Herren hatte Liprandi einiges Großformatige von Fabián Bercic aufgehängt. In der Kunst wie im Leben, zumindest der Anwesenden, herrschte das Ornament, natürlich ein wenig ironisch verfremdet. Verschlungene Plastikarabesken in Knallfarben rankten sich auf weißen Wänden oder vor einer scheinbar idyllischen Großlandschaft mit Schweinen und Hund.
Liprandis Bemühen wurde mit einer zweispaltigen Besprechung in der Literatur- und Kunstbeilage von Clarín, der größten Tageszeitung belohnt, denn der frischgebackene Galerist ist nicht irgendwer. Fast wäre er vor zwei Jahren oberster Kulturmanager der Stadt geworden. Der joviale Endvierziger versteht es, ein scharfes Auge und einen gesunden Geschäftssinn unter einer Miene entspannter Freundlichkeit zu verbergen. Als er vor ein paar Monaten einige Bilder in New York ausstellte, soll er dem Vernehmen nach alle verkauft haben.
Fotos: Clarín-Beilage N, 20.3.2010
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