18. März 2010

In die schwarze Haut

Mit Bestürzung habe ich anlässlich der Vorbereitung eines Artikels über südafrikanische Literatur Antjie Krogs neues autobiographisches Buch Begging to be Black (2009) gelesen. Die afrikaanse Lyrikerin und frühere Antiapartheid-Aktivistin stellt darin die These auf, dass die weiße Bevölkerug sich bemühen müsse, gleichsam in die schwarze Haut zu schlüpfen und ihr westliches Denken hinter sich zu lassen, um ein richtiger Teil des Landes zu werden.

Welche Konsequenzen dieser romantisch-naive Philonegrismus hat, zeigt sich z.B. in der Aussage, sie wolle Robert Mugabe aus afrikanischer Sicht verstehen lernen. Was sie damit meint, bleibt ihr Geheimnis. Es liegt allerdings nahe, dass Antjie den Despoten Simbabwes mit Kolonialismusfolgen entschuldigen will, eine Argumentation, die er selbst ständig benutzt, um Missstände wegzuerklären. Für den Staatsterror in Simbabwe, ein Land das am Abgrund taumelt, gibt es eine menschliche, politische oder wirtschaftliche Betrachtungsweise, jedoch keine afrikanische. So wie es durchaus vereinbar ist, sich als Deutscher für die Judenvernichtung verantwortlich zu fühlen ohne der heutigen Politik Israels kritiklos gegenüberzustehen, so muss es auch in Südafrika möglich sein, als weißer Bürger des Landes an der Regierung Kritik zu üben. Der von Antjie Krog propagierte, sozusagen invertierte Rassismus ist gefährlich und hilft ihrem Land wenig.

Wie anders als Antjie Krog dagegen die Haltung eines anderen afrikaansen Dichters, der als Antiapartheid-Kämpfer jahrelang im Gefängnis sass. Breyten Breytenbach hat dieser Tage heftige Kritik an der schamlosen Selbstbereicherung der herrschenden Elite geübt und sie an die Werte der Kampfzeit, an Solidarität und Idealismus, erinnert.

Wie anders auch die Handlungen der ebenfalls im Antiapartheid-Kampf aktiv gewesenen Politikerin Helen Zille mit deutsch-jüdischen Wurzeln, die sich als Oppositionsführerin und Ministerpräsidentin der Provinz Westkap für ihr Land praktisch engagiert, ohne in irgendeine andere Haut schlüpfen zu wollen. Im Gegenteil, das Völkergemisch Südafrikas, einschließlich britischstämmiger und afrikaanser Weißer, ist sein Reichtum.
Zeichnung Anton Vermeulen, Rapport, Johnnesburg 28.11.2009



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