Heute brauche ich wieder einmal Ohrenschützer, bekomme aber auch viel Spektakel zu sehen. Der Kongress tanzt nicht, er bietet Paroli. Zur Eröffnung der neuen Sitzungsperiode ist äußerlich alles wie gehabt. Schon am Vorabend sind die Straßen um das Parlamentsgebäude weiträumig abgesperrt worden. Morgens weckt mich das zornige Hupkonzert der Autofahrer, die sich alle durch nur eine enge Straße zwängen müssen. Gegen 9.00 probieren die Techniker den Lautsprecher aus, der später die Rede der Präsidentin über den Platz schallen lassen soll. Dann schalten sie auf Musik um, und alles dröhnt und bebt. In den zwei Stunden bis zur Eröffnung um 11.00 ist genug Zeit für die bestellten, regierungstreuen Demonstranten, ihre Transparente aufzufahren und die Trommeln wirbeln zu lassen. Spontan begeisterte Zuschauer machen sich dagegen rar, denn der Beliebtheitspegel von Cristina Fernandez de Kirchner nähert sich dank ihrer unversöhnlichen Konfrontationspolitik, mit der sie fast alle gesellschaftlichen Gruppen verärget hat, neuen Tiefstwerten.
Auch die Reiterstaffel auf ihren glänzenden Rössern und in ihren schmucken Uniformen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Regierung in der nächsten Sitzungsperiode der Wind ins Gesicht blasen wird, hat sie doch in beiden Häusern die Mehrheit verloren. In der Ansprache der Präsidentin ist viel von der Hilfe Argentiniens für das vom Erdbeben heimgesuchte Nachbarland Chile die Rede, dann viel von nuestra patria, unserem Vaterland, und schließlich von der Notwendigkeit, dass alle mit der Regierung kooperieren. Leider übersetzt sich Kooperation, so wie sie die Kirchner-Regierung versteht, in blinden Gehorsam. Doch damit dürfte es vorbei sein.
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