26. Juni 2010

Schulden gehören ins Museum - Die argentinische Lösung

Jeder Privatmann wäre wohl glücklich, wenn er das auch könnte. Schulden machen und nicht oder nur teilweise zurückzahlen. Staaten können es, und Argentinien ist darin ein Meister. Das ist doch nur Papier, belehrte mich kürzlich ein Bankmensch, die Wirklichkeit ist etwas anderes, als ich dumm genug war, eine gesetzliche Regelung ernst zu nehmen und nicht gleich mitzudenken, wie sie umgangen wird.


So entwickelten sich die Schulden, die Argentinien seit dem Corralito, dem Staatsbankrott 2001, aufgehäuft hat, zu einem Dauerbrenner. Mal will man sie bezahlen, dann wieder nicht oder nur teilweise. Ankündigungsmeisterin Cristina Kirchner hatte dem Club de Paris, der Gruppe europäischer Gläubigerländer, sogar schon die volle Begleichung in bar in Aussicht gestellt, vorbei.
An allem sind die bösen internationalen Organisationen und die Gläubigerländer selbst schuld. Dass hinter diesen Ländern, allen voran Deutschland und die USA, Menschen stecken, die mit ihrem Steueraufkommen dafür gerade gestanden haben, vergisst man gerne.
Am meisten geprellt fühlen sich die Kleinsparer, die einstmals Tangobonds, argentinische Staatsanleihen, gekauft haben, über die Rückzahlungsverhandlungen alt geworden sind und nun in einer vollmundig als Chance für sie angekündigten Umschuldungsaktion neue Bonds zeichnen müssen, um vielleicht 2038 70% ihres Einsatzes erlösen zu können. Nicht nur, dass Argentinien bis dahin eine seiner endemischen hausgemachten Finanzkrisen erleben kann und auch die neuen Papiere dann wertlos werden, viele Gläubiger werden am Stichtag wohl schon tot sein. So stimmten zornige italienische Geschädigte vor einigen Tagen in Rom den Tango des geprellten Gläubigers an. Ich habe vor Jahren 150.000 Euro gezeichnet, meine gesamten Ersparnisse. 2038 werde ich wohl nicht mehr erleben, sagte Gianluca und sang aus voller Kehle von Argentinien, der reichen Diebin.

Gianluca und Eugenia, bei der Argentinien auch in der Kreide steht, wären wohl nicht die richtige Zielgruppe für eine originelle, echt argentinische Idee. Wohin gehören die Schulden? Si claro, ins Museum. In Buenos Aires gibt es für alles ein Museum, bis hin zur Ansammlung historischer Kloschüsseln. Aber den Vogel schießt wohl das Museo de la Deuda Externa in der Wirtschftswissenschaftlichen Fakultät der UBA ab, der staatlichen Universität. Dort können die Besucher für 12 Pesos Eintritt in drei Sälen die Saga der argentinischen Staatsschulden verfolgen und sich von der Geschichte der Durchschnittsfamilie Nogracias, Neindanke, und ihrem schweren Schicksal im Kampf gegen die perfiden internationalen Finanzinstitutionen und die ebenso bösen Gäubigerländer zu Krokodilstränen rühren lassen. Eine Serie von drei Comics nimmt sich der erschröcklichen Geschichte an.

Nun müsste nur noch die Saga der armen Gläubiger geschrieben werden. Eugenia, Gianluca und die durchschnittliche deutsche Steuerzahlerfamilie Zahltzurück böten sicher genug Stoff für eine etwas andere Story.
Foto aus Rom: La Nación, 22.6.2010
Foto aus dem Museum: La Nación, 25.6.2010

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