Von Ferne ist ein leichter Trommelwirbel zu hören. Die Trommeln kommen näher, bis wir eingehüllt sind in pulsierende Candomberhythmen. Wir, das ist nicht etwa eine Truppe von Abenteurern mitten in Afrika, sondern eine Gruppe kreuznormaler Vernissage-Besucher im hippen Boutique- und Galerieviertel von Buenos Aires, in Palermo Soho. Dort hat es sich die neue Galerie Mar Dulce der Schottin Linda Neilson und des Porteno Ral Veroni zum Programm gemacht, Kunst aus Argentinien und Uruguay rund um den Rio de la Plata zu zeigen. So kam Diego Bianki mit seinen fröhlichen, starkfarbigen Bildern rund um den Candombe und den Karneval von Montevideo nach Buenos Aires und brachte die Trommler mit.
Mit Trommeln und Tanzen hielten die schwarzen Sklaven auf den Zuckerrohrfeldern von Brasilien und den Estancias von Uruguay die Erinnerung an ihre ferne afrikanische Heimat wach. So entstand der Candombe. Bis heute ist er am anderen Ufer des Mar Dulce lebendig geblieben. Vor allem der Karneval ist in Montevideo und der Grenzstadt Colonia de Sacramento Candombezeit.
Was wir in Palermo zu hören bekommen, ist Candombe Lubolo, Candombe, der von Weißen gespielt wird. Im Karneval malen sie sich schwarz an, denn zur Kolonialzeit mussten die comparsas, die Bandmitglieder, schwarz sein. Für einmal geht es in die umgekehrte Richtung. Nicht Weißsein ist begehrt, sondern schwarzes Mimikri. Ta-ra-ca-tá, ta-ra-ca-tá, ta-ra-ca-tá. Mit wirbelndem Stock und mit der Hand schlagen die Spieler auf ihren Trommeln, die wie Obelisks Bauch aussehen, den Rhythmus, auf der chico, der repique und der piano. Mir juckt es in den Beinen. Ach,wäre doch gerade Karneval und ich könnte tanzen wie alle anderen um mich herum!
Abbildungen aus: Diego Bianki, Candombe. Pequeno Editor, Buenos Aires 2009
Ausstellung: Candombe Lubolo. Galeria Mar Dulce, Buenos Aires, Uriate 1490, 19.6.-31.7.2010
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen