24. Mai 2010

Bicentenario - Zweiter Tag

Um 18.00 Uhr war gestern alles vorbei. Die Tangoschau am Obelisk musste ausfallen, denn es regnete in Strömen. Wie 1810, sagten wissend die Älteren, als könnten sie sich noch an den Geburtstag ihrer Republik erinnern. Aber alles ist im Bild festgehalten. Und da schweben über den Biedermeierroben der am 25. Mai vor 200 Jahren auf der Plaza de Mayo versammelten Bürger von Buenos Aires schwarze Regenschirme. Ob es die damals schon gab, oder ob der Maler sie später dazu erfunden hat, ist umstritten.

Trotz des Gewitterausbruchs im Jahr 2010 gab es aber noch viel zu sehen. Die Tanzgruppe von den Anden zum Beispiel. Die Frauen in blumigen langen Kleidern, die Männer zum Verlieben. Unterm riesigen schwarzen Sombrero lugte bei einem der alternative Zopf hervor. Die Pluderhosen, die Schärpen, die Stiefel mit Absatz, der weinrote Poncho lässig über der Schulter. Die Mannsbilder stahlen ihren Frauen die Schau. Ich bin aus La Rioja sang Cristina Velasco mit tiefer, kräftiger Stimme und begleitete sich selbst mit einem Trommelwirbel. Die ferne, trockene und heiße Provinz am Andenrand, aus der die besten Oliven kommen, zeigte alles, was sie zu bieten hat. Nur einer war nicht dabei, der noch vor 30 Jahren im Mittelpunkt gestanden hätte. Carlos Menem, der Präsident, der das Land nach Caudillo-Manier regierte, es aber auch nach außen öffnete, kommt aus La Rioja. Heute ist er abgemeldet. Nur wer kirchnertreu ist, darf beim Staatsbankett am 25. dabei sein. Die ehemaligen Präsidenten de la Rua, Menem und Duhalde gehören nicht dazu, ebenso wenig wie Vizepräsident Cobos, mit dem die Chefin über Kreuz ist. Viel politisches Gezänk ist im Spiel. Das trübt aber nicht die Begeisterung der herbeiströmenden Massen. Die Fähnchenverkäufer haben Hochbetrieb. Selbst Maskottchen tragen in diesen Tagen gerne helblau-weiß.

Die Zuschauer bekommen einiges geboten. Mit 70 Lamas waren die Leute aus einer weiteren Andenprovinz, aus Jujuy, angerückt. Die Pferde aus der Pampa mussten jedoch zuhause bleiben, weil eine Krankheit ausgebrochen war, und man Ansteckung der hauptstädtischen Rösser befürchtete. Dafür wurde die Bühne an der Ecke Calle Bartolomé Mitre von drei riesigen weißen Plastikpferden verschönt, denen eine Statue der Madonna von Lujan zur Seite stand.

Am Nachmittag zeigte Argentinien seine Vielfalt als Einwanderland. Die comunidades aus einer Vielzahl von Einwanderernationen defilierten. Chinesische kleine Mädchen in roten bestickten Gewändern lösten Schotten ab, die auf ihren Dudelsäcken argentinische Waisen spielten. Die Brasilianer hatten ihren Christus vom Zuckerhut mitgebracht - aufblasbar. In den Regen hinein knallten schließlich ein paar Feuerwerkskörper, und alles war für heute zuende. Fortsetzung morgen.

Fotos: La Nación, 24.5.2010

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