12. März 2015

Von einer Schule unter Bäumen und von Tanzpaaren im Bandenrevier

Ein böser Witz über das nach wie vor desolate Schulwesen in Südafrika geht so: Die Regierung verkündet, künftig soll es keine Schulen unter Bäumen mehr geben. Frage: Heißt das, man will die Bäume fällen? 

Doch nicht alle Schulen unter Bäumen sind ein Zeichen für Rückständigkeit. Manche sind sogar ein Hoffnungsschimmer. Im Mai 2012 wurde das obenstehende Foto der Selowe Primarschule im Dorf Silvermine in der Provinz Limpopo aufgenommen. Die Schulstunde fand unter einem großen Marulabaum statt. Es ist die Sorte Baum, von dessen Früchten der cremige, süffige Amarula Likör gebraut wird. Leicht vergoren fallen sie zur Erde und erfreuen die Elefanten der Gegend mit einer mild alkoholisierten Leckerei, bis sie leicht zu schwanken anfangen.  Die Gemeinde Silvermine hatte alle Kräfte angespannt, um für die 165 Schüler einen Lehrer und Unterricht zu bekommen, wenn auch unter Bäumen. Zwei Jahre später sitzen die Schüler in einem, wenn auch rudimentären, Klassenzimmer mit Tafel und Schulbänken. Dank der nicht nachlassenden Entschlossenheit der Gemeinde war es gelungen Mittel für eine Schulgebäude und die Grundausstattung zu bekommen. Schließlich konnte man auch die zuständige Schulbehörde überzeugen und erhielt die Anerkennung als Regularschule. Ein enormer Fortschritt im ländlichen Limpopo. Noch fehlt viel: Bücher, ein Schullabor und ein Sportplatz, aber ein vielversprechender Anfang ist gemacht.   

Mit anderen Problemen haben die Jugendlichen in den Cape Flats, den ausgedehnten Armensiedlungen um Kapstadt herum, zu kämpfen. Sie wachsen mit Alkohol- und Drogenmissbrauch und mit Bandenkriegen auf. Schießereien sind ander Tagesordnung. Mein Tischler, der mit seinen Brüdern im Stadtteil Delft eine kleine Werkstatt für Küchenmöbel betreibt, berichtet vom täglichen Überlebenskampf. Am Wochenende, wenn er die Schießereien hört, lässt er seine Kinder nicht auf die Straße und noch nicht einmal in den Vorgarten. Man bleibt lieber im Haus in relativer Sicherheit. Für viele Jugendliche scheint der Weg in die Jugendbande vorgezeichnet zu sein.


Jedes Projekt, das den Kindern eine Alternative bietet, ist wie ein Lichtstrahl. Während ihre drogensüchtigen Freunde dem Tik-Tak von Methamphetamin verfallen sind, das über einer Glühbirne erhitzt wird, tippen die Schüler der Downville Primarschule im bandengeplagten Stadtteil Manenberg auf den Boden ihrer Turnhalle im Rhythmus eines Tango. Sie üben für einen Tanzwettbewerb in Mitchell' s Plain, einem anderen Brennpunkt der Jugendkriminalität. Die zehnjährige Sharney sagt, sie sei nur nach einem süchtig. Sie möchte tanzen. Mansoor, der seine Mutter verloren hat und mit seinen drei Geschwistern von seiner Großmutter aufgezogen wird, tanzt seit sechs Monaten und hat schon eine Reihe von Preisen gewonnen. Manchmal müssen die Tanzschüler zuhause bleiben, denn es ist zu gefährlich auf die Straße zugehen, aber sie und ihr Lehrer Mario Wanza geben nicht auf.  Stolz sagt er: Es ist erstaunlich, was die Tänzer trotz aller Widerstände schon erreicht haben. Sie sind die Zukunft von Manenberg.   

Bilder: Kinder in der Schule unter Bäumen in Silvermine, Limpopo im Mai 2012
           Dishaad Johnson und Abdul Ismail aus den Cape Flats üben für das Tanzturnier in Mitchell’s Plain,
Quelle: Sunday Times, 7.12.2014



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