13. März 2015

Südafrikaner leben gefährlich


Jeder in Südafrika hat gelernt mit dem Verbrechen zu leben. Bei Dunkelheit geht man nicht aus. In einsamen Straßen schaut man über die Schulter. Vor den Fenstern hat man Schutzgitter und am Tor das Schild eine Sicherheitsdienstes. Das alles ist seit Jahren so.

Was mir nach mehrjähriger Abwesenheit neu schien, ist die Offenheit, mit der für Waffenbesitz geworben wird. Viele Südafrikaner haben eine Waffe zuhause. Als ich vor Jahren mit einer kleinen Gruppe von Besuchern eine Diamantenmine besuchte und man die Routinefrage nach mitgeführten Waffen stellte, kam mir das absurd vor, bis eine feine alte Dame einen Revolver aus ihrem Handtäschchen zog und ihn auf den Tisch legte. 





Neu ist aber der große Waffenladen in meinem nächsten Einkaufszentrum und die Anzeige zum Valentinstag, man möge doch seiner Liebsten eine Pistole schenken, gerne auch in Rosa. In den Townships, wo die meisten Verbrechen verübt werden, ist ohnehin kein Mangel an Waffen. Ein Wochenende ohne einen Mord in Kayelitsha oder den anderen Orten der Cape Flats ist eine Nachricht wert. Bang liest man die jährliche Statistik. Die Morde seien zurückgegangen, versichert die Regierung, „Nur“ Raub und Autodiebstahl hätten zugenommen. Ein befreundete Bauunternehmer, ein kerniger, sanguinischer Typ, sagte mir kürzlich resigniert, er sei müde. Das Geschäft werde immer schwieriger. Wenn man irgendwo baue, würde einem das Material unter der Hand weggestohlen.


So nimmt man jede positive Nachricht begierig auf, etwa wenn Jonny Steinberg, der prominente Autor, der immer wieder den Finger auf die Wunde von Gewalttätigkeit und Fremdenhass gelegt hat, in einem offenen Brief erklärt, warum er trotz allem vom idyllischen Oxford ins gefährliche Johannesburg zurückkehrt. Right or wrong my country, ist seine message. Hier bin ich zuhause, hier will ich sein.  

Bild: ein Toter liegt an der Ecke Tamarisk und Schubert Straße in Delft nachdem er am 21.2.2015 erschossen wurde
Quelle: Cape Times, 22.2.2015

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