28. Februar 2017

Flüchtlingshilfe in Afrika für Afrikaner

Wir mögen denken, Deutschland nehme die meisten Flüchtlinge auf, aber ein Staat in Afrika macht uns den Rang streitig. Uganda hat seine Tore weit geöffnet für Flüchtlinge aus anderen afrikanischen Staaten, vor allem aus Südsudan und Somalia. 900 000  Flüchtlinge hat das selber keineswegs reiche Land aufgenommen. Sie kommen nur mit dem, was sie auf dem Leibe tragen. Und sie erzählen von Hunger, Folter, Vergewaltigung, Plündereien und Erschießungen. Uganda gibt ihnen Hoffnung, Land und Arbeit. Viele von uns waren selbst Flüchtlinge, sagt Flüchtlingskoordinator Godfrey Byaruhanga, jetzt können wir etwas zurückgeben. Uganda steckt die Flüchtlinge nicht in Lager. Es gibt ihnen ein Stück Land zum Anbauen und einen Job. 

Neuankömmlinge bauen ihre Unterkunft in Nyumanzi


Auch wenn der Unterricht oft unter freiem Himmel stattfinden muss, die meisten Flüchtlingskinder können etwas lernen. Ugandas offene und proaktive Haltung gegenüber den Flüchtlingen hat dem Land Vorbildstatus in Afrika eingetragen.





Lehrer Alaak unterrichtet in zwei improvisierten Klassenräumen auf dem Gelände einer Kirche
Jacob Achiek hat sich auf der Flucht vor dem Terror im Südsudan mit seiner Frau und seinen drei Kindern bis in das Handelszentrum Nyumanzi in Norduganda vorgekämpft. Drei Jahre ist er hier und fühlt sich zuhause. Er hat sich mit geliehenem Geld einen Lebensmittelladen aufgebaut. Da ist kein Unterschied zwischen den Leuten hier und uns, sagt er. Wenn ich ein Problem habe, rufe ich das Koordinierungsbüro für Flüchtlinge an. Sie antworten immer. Lehrer Abuni Samuel hat nichts gegen die Flüchtlinge. Sie sind wie Brüder, sagt er, und sie haben in Nyumanzi für mehr business gesorgt.

Jacob Achiek in seinem Laden


Nicht alles ist einfach. Die meisten Flüchtlinge sind Frauen und Kinder, die sich nicht selbst versorgen können und auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Das Land wird knapp um die Flüchtlingssiedlungen, und mancher Ugander beklagt sich, dass die Flüchtlinge besser behandelt würden als die Einheimischen. Doch bleibt die überwiegend positive Bilanz eines aufnahmewilligen Landes, das sein Bestes tut. 

Bildquelle: Mail & Guardian, 27.1.-2.2.2017

27. Februar 2017

Objet Trouvé auf afrikanisch

Im Kapland gibt es kaum einen Ort der malerischer in die Berge und Weinfelder eingebettet ist als das Missionsstädtchen Pniël an der Passstraße zwischen Stellenbosch und Franschhoek. Im 19. Jahrhundert wurde das 

Prentresultaat vir pniel idyllische Städtchen gegründet. Es ist aus einer Siedlung von freigelassenen Sklaven entstanden. In dem 3.000-Seelen-Ort, der sich um die blendend weiße Kirche scharrt, ist praktisch jeder mit jedem verwandt. Familiennamen wie Willemse, Jefta,  Cyster oder Lakay kehren immer wieder, und Vornamen wie September sind häufig, denn die Vorfahren aus Madagaskar oder Indien wurden von ihren Herren nach ihrem Ankunftsmonat am Kap benannt. Im kleinen Museum ist die Geschichte von Pniël im ehemaligen Farmhaus Papier Molen liebevoll ausgebreitet.

In der benachbrten Galeerie bevölkert eine bunte Truppe die weiß getünchten Wände. Künstlerin Marinda du Toit lässt die Puppen tanzen. Ihre Figuren scheinen zu schweben, Faxen zu machen und dem Besucher als kleine Kobolde eine Nase zu drehen. Elegant verschränkt die Pink Panther-Dame ihre Beine. Kerzengerade hält eine andere kleine
Dame ihren Siebkopf auf den hölzernen Schultern. Alle Figuren sind aus Gefundenem hergestellt. Von Knöpfen über Trichter bis zu Töpfen und Zahnrädern. Nichts ist vor Marindas kreativem Zugriff sicher.    



24. Februar 2017

Totenkult auf Staatskosten

Auch in Südafrika leben Tote zwar nicht länger, aber sie können mit einem feudalen Begräbnis rechnen, wenn sie einen auch nur einigermaßen gehobenen Posten im öffentlichen Dienst bekleidet haben, sei es in einer der neun Provinzen oder in der Zentralregierung. Auch Sportler in den Nationalmannschaften sind in diesem Sinne VIPs.

Für das Begräbnis ihres Landeskindes, Bafana Bafana-Fußballer Senzo Meyiawa, hat die Provinzregierung von KwaZulu Natal 2015 drei Mio Rand ausgegeben und das in einem Land in dem die Mehrheit der Bevölkerung froh sein muss, wenn sie genug zu essen hat.  Das nationale Finanzministerium hat im Haushalt 2016 dreissig Mio Rand für solche VIP-Begräbnisse auf Staatskosten bereitgestellt. Man zweifelte aber, ob es reichen wird.

Prentresultaat vir official funerals south africaDieser Totenluxus ist zum Teil dem in der afrikanischen Kultur tief verwurzelten Ahnenkult geschuldet. Er zeigt aber auch, dass die Gesellschaft von Postapartheid-Südafrika alles andere als klassenlos ist. Und er macht einmal mehr deutlich, wie aufgebläht der Staatsapparat ist, dabei würde jeder Rand gebraucht werden, um das Schulwesen und die Gesundheitsversorgung zu verbessern, um nur zwei der drängendsten Aufgaben zu nennen. Ein mancher Staatsdiener stirbt außerdem jung, und nicht immer ganz gewaltlos. So hat die Staatskasse 2016 für einen in einem Überfall umgekommenen Minister samt seinen zwei Body Guards die Beerdigungsrechnung beglichen. Auch Aids, wenn auch weit weniger bedrohlich als noch vor einigen Jahren, ist eine Ursache für solche Todesfälle, und es macht vor VIPs nicht Halt.


Nun soll aber gespart werden. Man rechnet sich aus, dass die Provinzen 58 Beerdigungen im Jahr ausrichten könnten, wenn sie die Kosten pro Anlass auf eine halbe Million Rand beschränkten und sogar 116, sollte man sich mit 250.000 Rand pro Begräbnis bescheiden. Das wäre immer noch ein zig-faches des jährlichen pro-Kopf-Einkommens.   

12. Februar 2017

Deckengeschichte

Mitten in Südafrika liegt das Bergland Lesotho. 2876 Meter hoch geht die Fahrt auf steiniger, kurvenreicher und steiler Straße vom südafrikanischen Städtchen Underberg hinauf auf den Sani-Pass. Sie ist nur mit dem Jeep zu bewältigen.
Lesotho das heißt Berge, Geröll, magere Weiden. Das trittsichere Pony ist das Haupttransportrmittel der Basotho.
Gegen das raue Klima schützen sie sich mit Decken. Und die erzählen von der Geschichte und vom Leben dieses Bergvolks.

Der Legende nach gab ein Händler dem Basotho-König Moshoeshoe I im 19. Jahrhundert die erste Decke. Dem gefiel sie und so wurde sie zum wichtigsten Bekleidungsstück seiner Untertanen. In ihren Motiven verweben sich geschichtsträchtige mit alltäglichen Motiven. Selbst Königin Victoria kommt vor, war doch England lange Zeit Schutzmacht des Königreichs, das heute eine Republik ist. Die königliche Decke – Seanamarena mit Namen – 
schmücken Maiskolben. Wilde Flammen züngeln über die Malekalabe-Decke.
Die Spiral-Aloe gibt mit ihrer  graphischen Schönheit das Mittelmotiv der Kharetsa-Decke ab.  Und mancher Basotho ist mit seiner Khotso-Decke eine
wandelnde Spielkarte.
Auch Flugzeuge und Herzen fehlen nicht.   


So dekorativ sind die Decken, dass sie die südafrikanische Designerin Thabo Makhetha zu einem modischen Cape inspiriert haben. Also, auf nach Lesotho. Eine Basotho-Decke passt bestimmt noch in den Koffer. Im gut sortierten shop des Tourist Centre in der Hauptstadt Maseru wird man fündig.  

















Bildquelle:  Sunday Times, 29.1.2017,  

11. Februar 2017

Afrikanisch, afrikanischer, am afrikanischsten

Präsident Jacob Zuma tanzt gerne im Leopardenfell (s. auch min Blogpost vom 11.3.2015), er hat derzeit vier Frauen, abgesehen von einer verstorbenen, einer geschiedenen, die er gerne als seine Präsidentennachfolgerin sähe und ein paar Frauen zur linken Hand, mit denen er einige Kinder hat. Alle leben fröhlich vereint und auf Staatskosten in Zumas Kraal Nkandla in seiner Heimatprovinz KwaZulu Natal. In meinem Südafrikabuch Südafrika – Ein Land im Umbruch (s. meine Internetseite / Bücher) hatte ich Jacob Zuma als den wohl afrikanischsten der südafrikanischen Präsidenten bezeichnet. Da war er noch neu im Amt, und die Charakterisierung hatte mir die Rüge einer mehr wohlmeinenden als landeskundigen Rezensentin eingetragen.

 Nun, sieben Jahre und fast zwei Amtszeiten später, hat es sich leider bewahrheitet. Jacob Zuma stützt sich gerne auf die traditional leaders, die früheren chiefs, lehnt allzu rationale Politik ab, glaubt, seine Partei könne  herrschen bis Jesus wiederkommt und meint, er habe eine junge, inzwischen verstorbene  Frau   nicht mit Aids anstecken können, weil er davor geduscht habe.  Seine Macht würde er nach dem unguten Vorbild vieler anderer afrikanischer Potentaten am liebsten verewigen, und Korruption und Vetternwirtschaft haben ein nie gekanntes Ausmaß angenommen.  

So hatte sich Zumas von ihm entmachteter und weit fähigerer Vorgänger Thabo Mbeki, die African Renaissance, die er in Gang setzen wollte und auch als Streben nach Leistung verstand, nicht vorgestellt. Doch vielen schwarzen Südafrikanern der größer werdenden Mittelschicht kommen inzwischen Zweifel. In den letzten Regionalwahlen hat der von Zuma geführte ANC deutlich an Stimmen verloren und musste das Zepter in den großen Städten an die Opposition abgeben. Zumas irrationale, am eigenen Vorteil und puren Machterhalt orientierte Politik wird inzwischen offen kritisiert. So karikiert der Politikwissenschaftler Prince Mashele Südafrika als rechtes Afrikaland und dankt Jacob Zuma ironisch, dass er all den europäischen Kram wie Rationalität und verantwortliches, an der Verfassung orientiertes Regieren ablehne und sein Land nach echter Afrikamanier führe.

Man wünscht sich, dass irgendwann Afrika dahin komme, nicht mehr als Negativbeispiel für Übel wie Korruption, Kleptomanie der Regierenden und Ämterpatronage dienen zu müssen. 

Quelle: Die Burger, 18.1.2017 

6. Februar 2017

Häusle baue

Prentresultaat vir weaveer bird  In der Palme vor meinem Haus ist zur Zeit viel Betrieb. Ein Webervogelpaar will eine Familie gründen, und das Männchen ist eifrig beim Nestbau. So ein Nest ist keine kleine Angelegenheit. Es muss groß und stabil sein. In manchen Gegenden des südlichen Afrikas bauen ganze Webervogel-Sippen ihr großen Nesterkolonien an die Strommasten, die dem Andrang der Häuslebauer manchmal kaum Stand halten können. Hier am Kap weht sommers beständig der Cape Doctor, der heftige Südostwind, der Krankheiten weg bläst und gute Luft bringt. Die Windstöße sind aber oft so heftig, dass sich die Palmen biegen und mit ihnen die Nester.  


Prentresultaat vir weaveer bird  Zu meinem Erstaunen sehe ich, wie das schöne, runde, mir fertig erscheinende Nest eines Tages zerpflückt wird, bevor sich die Vogelbrut dort einnisten konnte. Wie das? Schuld ist das wählerische Weibchen, das sich das Bauwerk angesehen und verschmäht hat. Bau  mir ein besseres, ließ es das Männchen wissen. Das ist gelb gefiedert und viel ansehnlicher als das mausgraue Weibchen. Sein leuchtendes Gefieder hilft ihm vielleicht bei der Brautschau, nicht aber beim Nestbau.  Sogleich machte sich der Herr ans Werk, zerstörte das alte und baute ein neues Nest. Keine Schmäh, haben mir ernsthafte Vogelkundler versichert. Da haben es Menschenmännchen doch viel leichter, zumal hier die Weibchen meistens hübscher sind und heutzutage oft gleich selber das Nest bauen.