7. Januar 2017

'Ich schaffe das'

Nachdem meine Visumsaga im Mai 2016 schließlich zu einem guten Ende kam, melde ich mich nun zurück aus Südafrika. Es ist die Zeit der großen Ferien, die hier in unseren Winter fallen und der Schulabschlüsse. Südafrikanische Abiturienten haben oft andere Sorgen als deutsche. Viele müssen kämpfen, bis sie die Matrik, das hiesige Abitur, und damit die Studienberechtigung, geschafft haben.

Mit 13 wurde Adelaide Willemse ‚Mutter‘ für ihre beiden jüngeren Brüder. Ihre Mutter hatte die Familie verlassen, und ihr Fernfahrer-Vater war berufsbedingt selten zuhause. „Ich musste die Wäsche waschen“, sagt sie. „Könnt ihr euch vorstellen, wie viel Wäsche zwei kleine Jungen an einem Tag produzieren?“ Sie musste dafür sorgen, dass alle morgens pünktlich in die Schule kamen. ‚Manchmal habe ich mich in den Schlaf geweint.‘ Mit der zweiten  Frau ihres Vaters wurde es zuhause nicht besser. Im Abiturjahr wurde Adelaide deshalb in das Internat der Schule aufgenommen. Am Wochenende packt sie auf einer Farm Aprikosen, um Geld für ihr erstes Jahr nach der Schule zu verdienen, und später einmal ihre Brüder zu sich nehmen zu können. Mit der Matrik in der Tasche will sie nun an einer Fachhochschule Sozialarbeit studieren. 

Adelaide Willemse (18) im Schuleingang: Die Burger, 6.1.2017

Ruans Eltern sind Farmer. Sie mussten nach einem Brand, wie er im sommertrockenen Kapland so häufig ist, ihr ganzes Vieh verkaufen, und so konnte er keine Unterstützung von zuhause erwarten. Das hieß neben der Schule jobben, um einen Computer kaufen zu können, den er aber nur bei Freunden benutzen kann, weil es zuhause nicht immer Strom gibt. Das Studienangebot für Ingenieurwesen an der  Universität Stellenbosch kann er mangels Stipendium nicht annehmen. So macht er nun erst eine Lehre und hofft, daran ein Fernstudium anschließen zu können.

Ruan Brand (18)im Schulgarten: Die Burger, 6.1.2017






Malcolm Kasper zeichnet sich seine virtuellen Sportschuhe, denn richtige sind undenkbar. Seine Mutter arbeitet hart, aber da sind noch Geschwister, und das Geld reicht nicht hin und nicht her. Seinen Vater kennt er nicht. Malcolm ist bei seiner Großmutter im ländlichen, wüstenhaften Nordkap aufgewachsen und nach deren Tod bei einer Tante. Die Tante wohnt im Weinland. So musste er die Schule wechseln und wurde zuerst als Landpomeranze verlacht, aber er hat sich durchgebissen. Nachdem er für sein Examen einen Flurplan der Schule zeichnen musste, ist er sich sicher: „ Ich will Architekt werden. Das ist mein Traum“.

Malcolm Kasper (17) mit einem Kricketschläger für seinen Lieblingssport: Die Burger, 6.1.2017



Mit fünf Jahren ist Simone Jafta ins Kinderheim gekommen. Ihre Alkoholiker-Eltern konnten sie nicht versorgen. In der Schule haben die meisten Kinder nicht gewusst, dass sie aus dem Heim kommt. Selbst ihrer besten Freundin hat sie es erst nach Jahren erzählt. In den Schulferien, die sie bei ihrem Großonkel verbringt, macht sie gerade mit den 300 Rand, die sie bei einem Schulwettbewerb gewonnen hat, ihren Führerschein. Nach den Ferien wartet die Fachhochschule und ein Lehrerstudium auf sie. 

Simone Jafta (19) im Garten des Kinderheims: Die Burger, 6.1.2017

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