30. Dezember 2010

Singapur liest



Den tropischen Stadtstaat am Südchinesischen Meer verbindet man eher mit Hochhausdschungel und Einkaufsparadies als mit Büchern. Doch jährte sich im Dezember 2010 zum fünften Mal das Singapore Bookfest. In einer Halle des Suntec Convention Centre bot Popular Holding, die Buchhandelskette mit Verlag, auf 9.300 m² Fläche 200.000 chinesische und englischsprachige Titel an.


Partner war die China Publishing Group aus der Volksrepublik China, Bestseller das Marathoninterview des amerikanischen Journalisten Tom Plate mit Lee Kuan Yew, dem Architekten der Erfolgsstory, die Singapur heißt.



Lesen Sie mehr über meine Eindrücke und mein Interview mit den Messeverantwortlichen unter http://www.boersenblatt.net/407968/

6. Dezember 2010

Hochhausdschungel im Tropenparadies

Affen turnen in den Bäumen, Vögel flöten, und zwischen Lianen schimmert grünlich ein See. Wären nicht die morgendlichen Jogger und die diskreten Schildchen an Bäumen und verschlungenen Rankpflanzen, ich wähnte mich mitten im Tropenschungel Südostasiens. Doch ein paar Wegbiegungen weiter auf dem Wanderpfad im Urwaldpark und ein anderer Dschungel ragt im Hintergrund auf, die Hochhauskulisse von Singapur. Meine amerikanischen Expat-Freunde kann ich mit dem Blick vom Balkon meiner Wohnung im 19. Stock beeindrucken. Du siehst ja auf die Nature Reserve! Sie sind begeistert. Tatsächlich entfaltet sich vor unseren Augen ein Bild wie es für diesen Stadtstaat am südchinesischen Meer so typisch ist. Vorne eine große Einkaufsplaza, drum herum in üppiges Grün eingebettete Villen, dahinter das dunkelgrüne Band des Naturparks, das aus dieser Höhe wie ein riesiges Broccolifeld aussieht und am Horizont die Wolkenkratzer, höher, kühner, gleißender. Abends glitzern die Lichter der Stadt über dem dunklen Band des Urwalds.

Singapur hört nicht auf zu bauen. Doch es bleibt grün. Eine umsichtige Bauverwaltung sorgt dafür, dass nicht alles regellos zugebaut wird. Die Fußgängerbrücken über die Hauptverkehrstraßen sind mit Bougainvillea bepflanzt, auf den Mittelstreifen wachsen Palmen und blühende Sträucher. Selbst die HDBs, die Hunderte von staatlich geförderten Hochhaussiedlungen, in denen die Mehrzahl der Singapuris wohnt, sind in Grünanlagen eingebettet. So bewahrt sich diese Enklave, die kaum in die Breite, nur in die Höhe wachsen kann und wie der Punkt unter dem Ausrufezeichen der malaiischen Halbinsel wirkt, ein menschliches Antlitz. Dazu trägt auch die ethnische Mischung bei. Chinesinnen im westlichen Büro-Outfit, das i-Phone in der Hand, sitzen in Bus und U-Bahn neben verschleierten, muslimischen Malaiinnen, die ebenso gebannt auf das Display ihres Mobiltelefons starren und neben Inderinnen im wunderschönen, goldbestickten Sari.

5. Dezember 2010

Simbabwe, zum Verzweifeln

Für die alten Gewürzsegler war das Kap der Guten Hoffnung half way house auf der beschwerlichen Reise nach Asien. So mache auch ich im fast heimatlich vertrauten Kapstadt Station auf meinem Weg nach Singapur, dem neuen Mittelpunkt meiner inzwischen neunjährigen Slow-Travel-Weltreise.

Ein Freund nimmt mich mit in den Presseclub. Peter Godwin, Journalist und Buchutor, stellt dort sein neues Buch The Fear vor (London: Picanor 2010). Es geht um Simbabwe und die letzten Jahren von Robert Mugabes brutalem Kampf um den Machterhalt. Peter Godwin kennt das Land seiner Kindheit und Jugend wie Wenige. In den Kindheitserinnerungen Mukiwa und vor allem in When a Crocodile Eats the Sun über das Leben seiner Eltern in Afrika, lässt er uns teilhaben am Weg Simbabwes von der Kolonialherrschaft über die Befreiung bis zum Niedergang. Und er lässt uns seine tiefe Liebe zu Simbabwe spüren.

So auch in The Fear. Um so schrecklicher sind die Ereignisse, von denen er berichtet. Immer in Gefahr, mundtot gemacht zu werden, hat er 2008 Simbawe bis in die hintersten Winkel bereist, mit hunderten von Menschen gesprochen, sich nicht gescheut, dem allgegenwärtigen Schrecken ins Auge zu sehen. So ist ein bewegender Augenzeugenbericht entstanden, von der unfassbaren Brutalität mit der Robert Mugabe mit seinen Hilfstruppen seine eigenen Landsleute einsperren, foltern, verstümmeln, vergewaltigen und umbringen lässt. Der leiseste Anschein, in den letzten Wahlen für die Oppositionspartei, die inzwischen den Ministerpräsidenten stellt, gestimmt zu haben, genügt. Derweil ist die einstige Kornkammer Afrikas so ausgeplündert und heruntergewirtschaftet, dass es an den simpelsten Dingen fehlt. Allein in Südafrika gibt es drei Millionen simbabwische Flüchtlinge.

Wer mehr über Simbabwe im 23. Jahr des greisen Diktators wissen oder helfen will, die Not der Menschen zu lindern, sei auf Peter Godwins Internetseite verwiesen: www.petergodwin.com

I don´t cry for Argentina

Der Tod des umstrittenen Expräsidenten Nestor Kirchner und die Orgie von inszeniertem pomnp funèbre waren die letzten Eindrücke, die ich aus Argentinien mitnehme. Dreieinhalb Jahre ergeben für mich eine eher gemischte Bilanz.

Da ist vieles Gewinnende und manches Irritierende an Argentinien und den Argentiniern. Buenos Aires' pulsierendes Kulturleben gepaart mit der Schönheit landschaftlicher Highlights, wie Iguazu-Wasserfälle, Gletscher und Andenhöhen ergeben ein kontrastreiches Kaleidoskop von Eindrücken. Dagegen sind die Neigung der Argentinier, in der Vergangenheit zu leben, zwischen Klage über die gegenwärtigen Zustände und Selbstüberschätzung zu schwanken, der Mangel an common sense, nicht nur in der Politik, das Ausmaß von bürokratischer Gängelung des Bürgers und von korrupter Ineffizienz weniger einnehmend.

Nein, weinen werde ich nicht über Argentinien, aber drei spannende Jahre waren es dennoch, auch in den Nachbarländern, von der kleinen Schwester Uruguay, einen Katzensprung über den Rio de La Plata hinweg, über den in Argentinien mit gemischten Gefühlen beobachteten Giganten Brasilien bis zum großartigen Peru, zum geschichtsträchtigen Mexiko und zum stillen Paraguay, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint.

Adiós Südamerika.