Vor einigen Tagen feierte Singapur die Eröffnung seiner zweimonatigen Kunst-Biennale mit Werken von 50 heimischen und internationalen Künstlern an vier Standorten der Stadt. Viele Objekte sind Auftragsarbeiten des wohlhabenden Stadtstaats, so auch die Installation des dänisch-norwegischen Duos Michael Elgreen und Ingar Dragset. In einen Hangar des alten Flughafens im Singaporer Stadtteil Kallang stellten die beiden eine deutsche Scheune komplett mit rotem Tor und Hirschgeweih darüber, wie aus Grimms Märchen. Drinnen ist fast bis zur Decke Heu aufgestapelt, auf und in dem sich die Besucher tummeln können. Am besten bringen sie ihre Lederhose mit. Nicht vergessen wurde ein Bord mit bayrischen Bierseideln. Die Raktionen der Besucher, wie sie in der Zeitung The Straits Times treulich rapportiert werden, schwanken zwischen belustigt und befremdet. Angesichts des schwarz-weißen Fachwerks der Scheune ging einem klugen Kopf ein Licht auf. Nun verstehe er, warum Singapurs schwarz-weiße Villen aus der britischen Kolonialzeit bei expats so beliebt seien. So schafft die moderne Kunst mühelos,was Singapur mangels eines örtlichen Oktoberfests bisher versagt blieb: einen differenzierten Einblick in das Deutschland von heute zu vermitteln. Lang lebe das Klischee und seine geschäftstüchtigen Vermarkter! Ein anderes eigens zur Biennale errichtetes Gebäude kommt witziger daher. Die japanische Künstlerin Tatzu Nishi hat das Wahrzeichen der Stadt, den Merlion, der oben Löwe ist und unten herum wie die kleine Seejungfrau einen Fischschwanz trägt, mit einem Kubus umbaut, der innen als Hotelzimmer ausgestattet ist. Nun kann man während zwei Monaten dicht beim Fischlöwen wohnen, und der selbst schaut für diesmal aus einem gepflegten Apartment aufs südchinesische Meer.
Fotos: German Barn: The Straits Times, Today / Hotel Merlion: Ausstellungskatalog
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