Sandro ist tot. Der argentinische Schnulzensänger, genannt El Gitano, weil er ein wenig Zigeunerblut in den Adern gehabt haben soll, hatte sich in die Herzen vor allem der Frauen gesungen. So wurde er wie einst Evita in der Sala de los Pasos Perdidos, dem Saal der verlorenen Schritte, im Kongressgebäude aufbewahrt und fast alle, alle kamen, um an Sandros Sarg vorbei zu defilieren. Die Trauergemeinde zählte nach Tausenden. Der argentinische Elvis wurde betrauert. Der Amigo del Puma hatte die gleiche sinnliche Ausstrahlung, die Samtstimme und den Hüftschswung. Alle Zeitungen brachten Sonderbeilagen, auch die seriöse alte Dame La Nación, obwohl sie sich im nach hinein über den Sandro-Hype mokierte.
Für ein Drama anderer Art sorgte wenige Tage später die Politik. Per Notverordnung ohne dass irgendeine Not diese Maßnahme rechtfertigen würde, will Präsidentin Christina Kirchner die Reserven der Zentralbank für Schuldentilgung umwidmen, also das Tafelsilber des Landes verscherbeln. Als sich Bankchef Martín Redrado dem mutig widersetzte wurde er abgesetzt, und sein Vertreter berufen. Dem wiederum schob eine andere mutige Bürgerin, die Richterin María José Sarmiento, per Gerichtsbeschluss einen Riegel vor. Sie erklärte die Notverordnung für nichtig und setzte Redrado wieder ein. Seit einigen Tagen gibt es nun zwei Zentralbankpräsidenten. Die Richterin wird derweil massiv eingeschüchtert. Diese schlimmen undemokratischen Machenschaften gingen bisher an der Volksvertretung vorbei. Der Kongress scheint nur noch dazu gut zu sein, als Weihestätte für verblichene Schlagersänger zu dienen. Mit dem Ellbogen kann die Präsidentin die Kongresskuppel einfach umwerfen. Hat da jemand etwas von Brot und Spielen gemurmelt?
Karikaturen: La Nación vom 5. und 8.1.2010
11. Januar 2010
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