31. Oktober 2009

Noquis



So schreiben sich die italienischen Kartoffelklößchen gnocchi in Argentinien. Sie sind hier aber nicht nur eine beliebte Pasta. Zäh wie gnocchi am Tellerand kleben viele Angestellte des überdimensionierten Verwaltungsapparates von Buenos Aires an ihren Stühlen, und so haben sie ihren Spitznamen ñoquis in den Augen der von Bürokratie geplagten Porteños verdient.

Vorgestern war ein trauriger Tag für alle, die auf eine straffere und effizientere Verwaltung gehofft hatten. Forsch hatte Bürgermeister Mauricio Macri bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren angekündigt, er werde energisch gegen die ñoquis vorgehen, sah man doch viele von ihnen kaum je an ihrem Arbeitsplatz, außer am Zahltag. Mit 20.000 bezifferte Macri die überflüssigen Angestellten und versprach, jeden Arbeitsplatz zu überprüfen, denn Buenos Aires leistet sich eine Verwaltung, die dreimal so groß wie die von Paris ist, aber weit weniger effizient. Die Straßen sind schmutzig, die Krankenhäuser und Schulen zum Teil in desolatem Zustand, jeder Verwaltungsakt dauert endlos.

Zermürbt zwischen einer ihm feindlich gesonnenen Zentralregierung, die nichts unversucht lässt, jede unbequeme Maßnahme des Chefs der Capital Federal zu hintertreiben und den in Argentinien allmächtigen Gewerkschaften, musste Macri nun klein beigeben und 17.000 ñoquis vertraglich eine permanente Beschäftigung zusichern. Von 118.000 auf 135.000 (!) hat sich die Zahl der städtischen Dauerbeschäftigten damit erhöht. Die tramites, die notwendigen Erledigungen bei Behörden, werden so langwierig und frustrierend bleiben wie eh und je, doch die Porteños werden sie weiter mit einem Achselzucken hinnehmen.

Die Zeitung La Nación hat den tramites eigens eine Artikelserie gewidment und Bürger befragt, wiewiele Stunden sie in Warteschlangen vor Behördenschaltern verbringen. Monate auf nötige Papiere warten zu müssen ist schon fast die Regel.

Karikatur: La Nación, 13.7.2009

29. Oktober 2009

Día del Café


Beinahe hätte ich ihn verpasst, doch nach fast vier Wochen Perureise, über die ich noch berichten werde, kam ich vorgestern noch rechtzeitig zurück, um am diesjährigen Día del Café teilzunehmen.

Nach dem Tag des Anwalts und dem des Lehrers, ist der Tag, an dem Buenos Aires seine einzigartige Café-Kultur feiert, eine vergnügliche Abwechslung. Alle Traditionscafés im Stadtzentrum bieten etwas Besonderes, und ich habe die Qual der Wahl. Allein in meiner Straße, der Avenida de Mayo, ringen drei besonders pittoreske Kaffeehäuser um Aufmerksamkeit. Soll ich vor dem jungendstilschönen Café Tortoni Schlange stehen, um zwei Tassen cafecito zum Preis von einer zu ergattern oder lieber im Billardcafé Los 36 Billares bei mir schräg gegenüber eine Tangoshow ansehen? Ich entscheide mich schließlich für das Café Iberia, das zwar im Ambiente kaum noch etwas von seiner Vergangenheit als Treffpunkt spanischer Antifaschisten ahnen lässt, sich aber heute mit einem Flamencoabend ganz spanisch gibt.

Alle Cafés sind proppenvoll, und das beileibe nicht nur mit Touristen. Wohl jeder Porteño hat sein besonderes Stammcafé, in das er mindestens einmal am Tag für einen kurzen Schwarzen einkehrt. Diese Institution des Stadtlebens von Buenos Aires verdankt sich den italienischen Einwanderern, und so ist der Kaffee immer vorzüglich, stark, aromatisch und heiß.