27. Oktober 2010

Die 68er waren da

Mein Buenos Aires-Blog hatte Ruhetage - wegen Argentinien. Denn ich war auf der Frankfurter Buchmesse, um Argentiniens Gastlandauftritt mitzuerleben. Es war ein Auftritt der großen Zahl. Eine 68 hatte man stolz vor dem hellblau-weißen Hintergrund der argentinischen Flagge auf Karten drucken lassen. Soviele Schriftsteller hatte Argentinien für Frankfurt aufgeboten. Im Kunstverein lagen die bunten Karton-Bücher der Verlagskooperative Eloisa Cartonera aus, und es gab Lesungen zuhauf.
Groß, wie alles was aus Argentinien kommt, war auch das Konterfei der Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner. Es erschien vervielfältigt auf einem historischen Bilderbogen, als hätte die populistische Peronistin die Befreiung von der Militärdiktatur höchst selbst errungen, was sie auch fast so gegenüber dem Spiegel verkündete, nur um es hinterher zu dementieren. Da passte es gut, dass man wie eine Reliquie ein Reisekostüm der ersten Peronistin Eva Perón mitgebracht hatte. Mit Literatur hatte das ebenso wenig zu tun wie die großen Konterfeis von Fußballheld Diego Maradona und Tangokönig Carlos Gardel. Die Klischees, über die Portenos gerne stöhnen, bediente das Land nun ungeniert selbst.

So gab es bei der Diskussion im Anschluss an meinen Vortrag über das Leseland Argentinien bei der Deutsch-Iberoamerikanischen Gesellschaft im Frankfurter Presseclub unter den Teilnehmern neben genuinem Interesse an neuer argentinischer Literatur auch Kritik an Argentiniens rückwärtsgewandter Politik und einer gewissen Großmannssucht. Manchmal scheinen das höchst lebendige Kulturleben von Buenos Aires und die immer mehr in Grabenkämpfen und gewaltsamen Zusammenstößen mit allen oppositionellen Gruppen versinkende Politik auf verschiedenen Sternen stattzufinden.

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